Ein Platz an der Sonne
Die 85-jährige Johanna blickt aus dem Fenster ihres Apartments im elften Stock in Calpe an der spanischen Costa Blanca. "Früher war ich jeden Tag am Meer", sagt sie und ihre Augen leuchten. Aber irgendwann holen einen auch hier, im - laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) - gesündesten Klima der Welt, die alten Krankheiten wieder ein. Johanna lebt in einer Art Senioren-WG, die vom ambulanten Pflege- und Beratungsdienst DiaCare Calpe betreut wird. DiaCare ist eine Einrichtung der Diakonie Neuendettelsau, hier in Spanien.Renate Nowarre, 38, Leiterin von DiaCare Calpe, verfügt über ein Team von 14 Mitarbeitern, an verschiedenen Orten der Costa Blanca angesiedelt. Sie kümmern sich um die vielen deutschsprachigen Senioren, die über die Jahre hinweg alle Kontakte zur Heimat abgebrochen haben und nun pflegebedürftig sind.
Filmemacherin Ursula Auginski begleitet Renate Nowarre in ihrem kleinen Dienstwagen auf den täglichen Besuchs- und Betreuungsfahrten durch die mehr oder weniger exklusiven Siedlungen entlang der Küste. Dort trifft sie die wohlhabende 99 Jahre alte Schweizerin Marguerite in ihrer geräumigen Villa mit Pool ebenso wie die 85-jährige mittellose Klara, die im Haus einer Freundin Unterschlupf gefunden hat. Auch Günter, 90, zählt zu den Klienten von DiaCare. Ehemals war er in der Tourismusbranche tätig und der "Erfinder des Ballermann", wie er immer wieder gern erzählt. Sie alle haben ihre Lebenspartner bereits verloren und wollen nicht mehr zurück in das Land, in dem sie geboren wurden. "Ich kann da nicht mehr leben", sagt Marga, 85, "das Klima ist ja viel zu kalt." Marga lebt in der gleichen Senioren-WG wie Johanna.
Professor Hermann Schoenauer, Rektor der Diakonie Neuendettelsau liegt viel daran, dass die sogenannten Ruhesitzwanderer den Lebensabend in ihrer Wahlheimat verbringen können, deshalb werden auch die Möglichkeiten des betreuten Wohnens immer weiter ausgebaut. "Unsere Mitarbeiter werden hier auch dahingehend ausgebildet, dass sie über den Sinn des Lebens reden mit den Betroffenen, bis hin zur Frage: Was kommt eigentlich nach dem Tod?", sagt Rektor Schoenauer. "Das unterscheidet unseren christlichen, diakonischen Dienst von anderen sozialen Diensten."
Ein Film von Ursula Auginski
Redaktion Heike Springer